Nur wenige Kilometer südlich der italienisch-österreichischen Grenze liegt der Reschensee (Infos). Der künstlich angelegte Stausee ist 6,5 Kilometer lang und an seiner breitesten Stelle etwa einen Kilometer breit. Während unseres diesjährigen Osterurlaubs sind wir eine Woche in St. Valentin und während meine Familie Ski fährt, erkunde ich zu Fuß die Gegend. Bereits bei der Ankunft bin ich von dem türkisfarbenen Wasser des Sees begeistert. Der blaue Himmel und die 20° C Lufttemperatur kommen noch dazu und für mich steht fest: Morgen wandere ich um den See. Gesagt, getan.
Meine Runde um den Reschensee starte an der 1947 aufgeschütteten Staumauer. Diese war übrigens zur damaligen Zeit ein Unikat: anstatt der Mitte des 20. Jahrhunderts üblichen Betonbefestigung wurde der Wall nämlich aus festgewalzter Erde errichtet. Davon weiß ich, als ich gegen den Uhrzeigersinn los wandere, natürlich noch nichts. Vielmehr freue ich mich, dass der Track mich an der Staumauer rechts hinauf in den Wald führt. Ich hatte nämlich befürchtet, dass ich die ganze Zeit an der Schnellstraße entlang muss.
Erst führt mich der Track ein bisschen weg vom Reschensee
So ist es aber nicht und ich genieße das Stück durch den duftenden Nadelwald sehr. Herrlich ist es hier, auch wenn ich den Reschensee ein bisschen aus den Augen verliere. Aber die besondere Athmosphäre nimmt mich gefangen. Hmmm – sind das da nicht Kuhfladen auf dem Boden? Ich erinnere mich, dass ich durch ein offenes Gatter gegangen bin. Ob das zeitweise auch geschlossen ist und dann Kühe diesen Teil der Strecke bevölkern? Vielleicht findet ihr es bei eurem Besuch heraus und gebt mir Bescheid.
Am Ende des Waldstückes verlasse ich dieses, überquere die SS40 und freue mich, dass ich hier an der Bundesstraße entlang gehe. Warum? Ganz einfach, die Stützmauer und die Galerien der Uferstraße haben mich schon beim Befahren mit dem Auto begeistert. Und jetzt kann ich mir die Bauwerke aus der Nähe angucken. Wirklich toll – und die Kombination der Betonbauten und dem wunderschönen See ist einfach traumhaft. Auf einem markanten Stein am Rand gibt es sogar einen Cache – allerdings habe ich nicht vor, bei dem vielen Verkehr hier hinauf zu klettern.
Nach den Galerien geht es links ab Richtung Seeufer und “frische Landluft” umgibt mich. Ich muss schmunzeln. Das “Güllelager”, was ich hier passiere, hat die Nasen meiner Kinder gestern schon zum rümpfen gebracht. Hier ist nämlich eine Wiese in einzelne, nummerierte Felder aufgeteilt, auf denen die Bauern der Region ihre Gülle zu lagern scheinen. Worum es sich genau handelt, weiß ich natürlich nicht, ich bin aber froh, als ich nach einigen hundert Metern wieder durchatmen kann.
Der Glockenturm der ehemaligen Pfarrkirche St. Katharina ist das Wahrzeichen des Vinschgau
Ich bleibe am Reschensee-Ufer, komme an einer Kitesurfing-Area vorbei und kann einen ersten Blick auf den wohl bekanntesten Turm der Region werfen. Noch eine Wegschleife und ich stehe vor dem Wahrzeichen des Vinschgau: Dem Glockenturm der ehemaligen Pfarrkirche St. Katharina. Die Geschichte hinter dem bekannten Postkartenmotiv, dem „Turm im See“, ist leider weit weniger idyllisch. Der Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert ist ein stummer Zeitzeuge einer verantwortungslosen See-Stauung kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Folgen der Flutung: 70 % der Bevölkerung ist aus- oder abgewandert, 181 Wohnhäuser bzw. landwirtschaftliche Gebäude wurden gesprengt und 523 ha Kulturfläche sind verloren gegangen.
Er ragt bei hohem Wasserstand aus dem Wasser des Sees. Bei niedrigem Wasserstand symbolisiert ein eingefasstes Wasserbecken um den Turm das Schicksal des gesprengten Dorfes. Heute steht der 2009 sanierte Turm im Reschensee unter Denkmalschutz. Er ist Wahrzeichen der Gemeinde Graun und ein Publikumsmagnet. Was auch ich bei meiner heutigen Wanderung feststellen kann. Unglaublich, was hier auf einmal viele Menschen unterwegs sind.
Nachdem ich den Turm fast umrundet habe, wandere ich erst weiter an der Bundesstraße entlang und folge dem Weg dann nach links zurück Richtung Seeufer. Ich erreiche Reschen und bleib am Seeufer. Die im Track angegebene Schleife zur Etschquelle lasse ich heute weg, da ich die Quelle auf meiner morgigen Tour besuchen möchte.
So gehe ich weiter bis zur Seilbahn-Talstation zum Skigebiet Schöneben. Die kenne ich gut, schließlich habe ich heute Morgen die Kids hier abgeliefert. Schon spannend, wenn man weiß, dass die ganze Clique auf dem Berg Ski fährt, während man selbst unten bei 20°C und strahlendem Sonnenschein wandert. Gerade mal 10 Minuten mit der Gondel entfernt. Ob die schon wieder unten sind? Abends erfahre ich, dass meine Kinder zu der Zeit schon wieder in der Pension waren, ich aber von anderen aus unserer Truppe beim Vorbeiwandern gesehen wurde. Witzig, ich habe niemanden entdeckt.
An der Westufer vom Reschensee geht es zurück
Die Wanderung führt mich an der Talstation vorbei und links über den Fuß- und Radweg hinauf in südliche Richtung. Anfangs gehe ich durch ein Waldstück. Trotz des asphaltierten Weges genieße ich die Strecke. Auch der Blick hinüber zum anderen Seeufer ist traumhaft. Eben bin ich noch dort drüben entlang gewandert – hihi.
Wer sich am westlichen Seeufer stärken möchte, bekommt beim Hofschank Giernhof eine Möglichkeit. Zumindest, wenn man Freitags – Sonntags unterwegs ist. Da ich aber alles dabei habe (und Pausen irgendwie zu zweit mehr Spaß machen als alleine) gehe ich weiter und komme an einer kleinen, unscheinbaren Kapelle vorbei. Auch wenn ich mit Glauben und Kirche nicht viel am Hut habe, freue ich mich immer über solche Kleinode am Wegesrand. Ein Blick ins Innere lohnt sich. Ein Stück führt der Weg mich noch durch den Wald, bis ich schließlich nach einem wirklich schönen Rastplatz mit Blick auf Graun über Wiesen weiterwandere.
Ich überhole eine ältere Dame und wandere die letzten 3 km bis zur Staumauer mal vor und mal hinter ihr. Sie wundert sich bestimmt, warum ich alle paar Meter stehenbleibe, um ein Foto zu machen. Ist ja eigentlich auch irre – zumal ich für das Blogpost nur einen Bruchteil davon nutze. Aber… für euch möchte ich halte die schönsten Ausblicke festhalten.
Zum Schluß der Runde überquere ich die dicke Staumauer und bin zurück am Ausgangspunkt. 16 km zeigt mir mein GPS-Gerät an. Zufrieden warte ich darauf, abgeholt zu werden. Der Urlaub in Südtirol hat ja schon mal gut begonnen – mal sehen, wie es weiter geht.
Ein toller Panoramarundweg um den Reschensee
Fazit: Grundsätzlich muss man sagen, dass die Tour überwiegend auf Asphalt verläuft und am Ostufer auch ein längeres Stück an der Bundesstraße entlang. Mich hat das nicht gestört, da ich immer wieder von der abwechslungsreichen Landschaft und dem türkisen See begeistert war. Durch den Untergrund ist die Runde auf jeden Fall auch für Kinderwagen und Radfahrer geeignet (eine Ausnahme ist hier vielleicht das Waldstück am Anfang).
Leider ist die Seerunde für Wanderer nicht besonders gut ausgeschildert. Darum empfiehlt es sich, den Track hier runter zu laden. Alternativ kann man sich natürlich einfach immer am Seeufer orientieren. Wirklich verlaufen kann man sich hier ja nicht.
Ach ja, gecached werden kann natürlich auch. Folgende Tradies sind auf der Strecke zu finden: GC6W6DP, GC60K8E, GC60KDH und GC1CYGD.
Für die Statistik:
16,1 km
70 Höhenmeter (nur Anstieg)
3 Stunden 18 Minuten in Bewegung
20 Minuten Pause
4,9 km/h reine Gehzeit
4,4 km/h inkl. Pause
Wo man mich noch findet:
Hallo Jutta
Wie immer ein toller Blogpost, super Bilder.
Alte Erinnerungen werde wach und so toll beschrieben