Eine Dünenwanderung bei strahlend blauem Himmel. Na, wenn das nicht der perfekte Start ins neue Jahr ist, dann weiß ich es auch nicht. Gut, dass Albert und ich Silvester 2016/17 in Holland verbringen. Wir sind für drei Nächte in Zeeland – genauer gesagt in Vlissingen untergekommen.
Das Wetter zum Jahreswechsel ist aber eher semi-optimal. Es ist eiskalt, windig und diesig. Nicht wirklich geeignet für eine ausführliche Wanderung, die ich fest für unser Kurzurlaubs-Programm eingeplant habe. Gut, dass wir am 1. Januar eh zum Neujahrstauchen gehen wollen. Hier gucken wir uns dick eingemummelt die verrückten Holländer an, die ins eiskalte Meer hüpfen. Wir bleiben lieber Beobachter und freuen uns auf eine schöne Tasse Kaffee in Veere, unserem Ausflugsziel für den Nachmittag.
Am zweiten Januar ist das perfekte Wetter für eine Dünenwanderung
Bleibt noch die Hoffnung auf schöneres Wander-Wetter am nächsten Tag. Ich nutze den Abend, um nach einer passenden Tour Ausschau zu halten. Irgendwie tue ich mich aber schwer mit der Wanderseite des VVV. In unserer Nähe ist nichts was mich interessiert und so entscheide ich mich, eine Dünenwanderung von Vlissingen bis Westkapelle zu machen. Immer am Wasser lang – das hört sich doch gut an. Zufrieden gehe ich ins Bett und schicke noch das eine oder andere Schönwettergebet an die zuständigen Kräfte im Universum.
Am nächsten Morgen dann der vorsichtige Blick durch die Vorhänge… jaaaa – die Sonne scheint. Der Himmel ist strahlend blau und von dem ungemütlichen Wetter der letzten beiden Tage ist nichts mehr zu sehen. Ich freu mich und nach einem ausführlichen Frühstück starte ich meine Dünenwanderung an den Kazematten (leider nur von April bis Oktober geöffnet) von Vlissingen.
Strahlend blauer Himmel über Vlissingen
Erst geht es gut 2 km an der Promenade von Vlissingen entlang (gut, weil ich ein paar Stationen des Multis “Flaneren over de boulevards” mache, werden es bei mir fast 4 km). Die Farben sind einfach der Hammer und kommen mir, nach den letzten beiden trüben Tagen, unglaublich knallig vor. Mit einem breiten Lächeln schlendere ich an der Häuserfront vorbei und beneide jeden, der hier ein Wohnzimmer mit Meerblick hat. Notiz an Albert: Ich will das auch!
Nachdem ich die Promenade von Vlissingen hinter mir gelassen habe, startet die eigentliche Dünenwanderung erst mal ohne Blick aufs Meer. Ich bin nämlich davon ausgegangen, dass die ausgeschilderten Fietspaden (also Fahrradwege) ausschließlich für dieselbigen gedacht ist (das ist anscheinend aber nicht so). Darum habe ich mir zum Vorankommen den, einige Meter weiter hinter den Dünen verlaufenden, Fußweg ausgesucht. Ich komme an einigen Parkplätzen und kleinen Seen vorbei. Auch schön, aber eigentlich will ich ja das Meer sehen. Aber schon wenige hundert Meter später sehe ich es wieder. Nur ein paar Stufen einen Dünenübergang hinauf und schon wandere ich auf dem Dünenkamm.
Mit so vielen Höhenmetern habe ich bei meiner Dünenwanderung nicht gerechnet
Es ist einfach traumhaft hier. Der Wind weht mir um die Nase und mein Blick kann umherschweifen. Übers Meer, aber auch ins Landesinnere und zurück nach Vlissingen. Natürlich bin ich bei diesem herrlichen Wetter nicht die einzige, die den Sonnenschein für einen Spaziergang nutzt. Es ist ziemlich voll hier. Im Sommer oder gar während der Schulferien muss hier kein Durchkommen sein.
Gemütlich marschiere ich weiter und komme immer wieder aus der Puste. Es gibt bei dieser Dünenwanderung nämlich ganz schön viele Höhenmeter zu überwinden. Ein ständiges Auf- und Ab charakterisieren die Strecke. Auch wenn es laut meinem Track auf Outdooractive nur 72 Höhenmeter (47 aufsteigend und 31 absteigend) sind. Allein schon meine Health-App auf dem iPhone hat 72 Etagen gezählt, das dafür spricht, dass die tatsächlich zurückgelegten Höhenmeter deutlich mehr waren. Aber egal – jeder Anstieg wird mit einem tollen Panoramablick belohnt. Und gut für die Kondition ist es allemal.
Während meiner Dünenwanderung setze ich mir immer wieder Ziele
Für mich ist ungewohnt, ohne vorgegebenen Track zu wandern. Klar hilft der Garmin einen passenden Weg zu finden, aber es fehlen Informationen darüber, wie weit es noch ist. Darum setze ich mir immer wieder Zwischenziele. Beispielsweise der rot-gelb-geringelte Turm da hinten… auf dem Foto unten ist er ganz gut zu erkennen.
Erst sieht der Turm ganz klein und weit weg aus, dann kommt er aber immer näher. Was ich auf dieser Strecke merke, ist, dass es mir sehr schwer fällt, Entfernungen richtig abzuschätzen. Vieles sieht doch deutlich weiter entfernt aus, als es dann wirklich ist. Schnell bin ich nämlich an Dishoek vorbei und die Türme liegen hinter mir.
Nach Dishoek geht es in den Dünenwald
Ich atme tief durch und freue mich meines Lebens. Es ist einfach zu schön und es macht mir Spaß, nicht nur das Meer im Blick zu haben, sondern auch auf der anderen Seite der Dünen die Städtchen und Ferienanlagen betrachten zu können. Unglaublich, wie viele Hotels, Pensionen und Bungalowparks es hier gibt. Es ist eben eine Touristenhochburg, bei der man sich abseits der Saison auch nicht wundern darf, wenn die Supermärkte, Restaurants und Cafés erst wieder im Frühling geöffnet haben.
Als die letzten Häuser von Dishoek langsam hinter mir verschwinden, führt mich mein Weg runter von den Dünen. Ich wandere über Wiesen und gelange schließlich in den Dünenwald.
Spannend ist hier, dass ich – wüsste ich es nicht besser – niemals vermuten würde, dass das Meer sich in meiner unmittelbarer Nähe befindet. Man hört nicht, man riecht nix – lediglich der sandige Boden lässt darauf schließen, dass es sich nicht um einen “normalen” Waldweg handelt.
Treppen sind ein ständiger Begleiter auf meiner Dünenwanderung
Trotzdem zieht es mich wieder nach oben. Und tatsächlich, gerade als ich das denke, komme ich an einen Dünenübergang. Die Treppen scheinen kein Ende zu nehme – Himmel… wie hoch sind diese Dünen eigentlich. Oben angekommen bin ich total aus der Puste und falle erst mal keuchend auf eine bereitstehende Bank. Puhhh – und der Weg führt noch weiter bergan. Jutta, Ick hör dir japsen. Langsam merke ich auch, wie sich das Licht verändert. Es wird irgendwie goldener… die Dämmerung kommt.
Erst ein Unwetter…
Ich wandere weiter und gelange nach Zoutelande. Von diesem Städtchen habe ich bisher noch nie was gehört, aber es ist ziemlich rege hier und die Cafés sehen gut besucht und gemütlich aus. Auf der Promenade ist es richtig voll und gemeinsam mit mir betrachten die anderen Touristen (ich gehe mal davon aus, dass es überwiegend Touris sind) das Unwetter, was sich scheinbar über Westkapelle zusammenbraut. Oah – und meine Wanderung bringt mich genau dorthin. Regensachen habe ich natürlich keine dabei.
Schon wenige Meter weiter scheint aber das Gröbste überstanden zu sein. Der Wind hat das Unwetter aufs Meer hinaus getrieben:
Gleich hinter Zoutelande kommt noch mal ein etwas anstrengenderes Wegstück. Um während meiner Dünenwanderung Hauptstraßen zu meiden, weiche ich nämlich nach links auf den Strand ab. Puhh – Wahnsinn. Hier komme ich irgendwie gar nicht voran. Ich versinke regelrecht im Sand und das Vorankommen kostet ganz schön viel Kraft.
Ich bleibe erstmal stehen und suche auf meinem Garmin die nächste “Aufstiegsmöglichkeit”. Ein paar Meter sind es noch und ich stöhne innerlich auf.
… dann ein traumhafter Sonnenuntergang
Doch dann werde ich vom Sonnenuntergang abgelenkt. Wildromantisch versinkt die Sonne langsam im Meer und genau im richtigen Moment kommt ein Reiter mit zwei Kaltblütern durchs Wasser geritten. Als hätte ich es so bestellt. Wunderschön, oder? Und da ist auch schon der Strandpavillon “De Strandzot” – aktuell natürlich geschlossen – hinter dem ich wieder – natürlich dank einiger Treppenstufen – die Dünen erklimme.
Oben angekommen geht es die letzten paar Kilometer nach Westkapelle. Immer den Türmen entgegen – verlaufen kann man sich hier nicht. Das Farbspektrum der Landschaft wandelt wieder und wird, nachdem es erst knallig und dann golden war, jetzt pastellen. Dann ein Lichtschein am Horizont. Der Leuchtturm von Westkapelle geht an und weißt mir den Weg. Das ist aber nett von ihm. Da kann ja nix schiefgehen und nach etwas mehr als 17 Kilometern und ganz schön geschafft komme ich ins Zentrum des Städtchens, wo Albert bereits in der Brasserie De Zeezot auf mich wartet. Ein köstliches Abendessen erwartet mich.
Zusammenfassung: Eine wunderschöne Dünenwanderung – und unerwartet abwechslungsreich. Durch das stetige Auf und Ab wechseln sich Aussichten mit Feld- und Waldlandschaften ab. Die kleinen, direkt an den Dünen gelegenen Städtchen laden zum Verweilen und Bummeln ein. Und wenn in der Saison die Strandpavillons geöffnet haben, kann man sich hier mit kühlen Getränken stärken. Einfach toll und auf jeden Fall eine Empfehlung!
Den Track zur Tour habe ich in meinem Outdooractive-Account hochgeladen. Einfach hier runterladen. Die Geocaches auf der Tour habe ich nicht gemacht – trotzdem hier für euch eine Auflistung: GC1CJWP (ein Multi für alle, die gewillt sind, die ersten Meter durch Vlissingen doppelt zu gehen), GC563JQ, GC663YQ, GC5B8XF, GC1KYP4 und GC63F2B.
Für die Statistik:
17,2 km
47 Höhenmeter (nur Anstieg)
3 Stunde, 49 Minuten in Bewegung
27 Minuten Pause
4,5 km/h reine Gehzeit
4,0 km/h inkl. Pause
Wo man mich noch findet:
Wunderbare Stimmungen eingefangen hast du da!
Ach, da will ich am liebsten auch gleich los …
Herzliche Grüße,
Annette