In den letzten Monaten gab es ein paar Zufälle, die dafür gesorgt haben, dass ich mich für den Hinkelstein-Wandermarathon (Info) im schönen Otterberg angemeldet habe. Und das ich, deren Komfort-Strecke irgendwo zwischen 15 und 25 km liegt, die sich für die Saison 2018 noch gar nicht richtig eingelaufen hat und die beim SHS-Wandermarathon 2017 bereits bei der 33 km Strecke geflucht und gejammert hat wie kein Zweite (die liebe Anita kann ein Lied davon singen).
Warum ich beim Hinkelstein-Wandermarathon einfach dabei sein MUSSTE
Ihr wollt wissen, was mich trotzdem dazu bewogen hat, 42 km auf dem Hinkelsteinweg zu wandern? Natürlich bin ich in erster Linie immer für eine Überraschung gut (und der eine oder andere wundert sich bei mir eh über nichts mehr…), allerdings war es beim Hinkelstein-Wandermarathon ein bisschen anders. Hier musste ich einfach mitwandern… aber lest selbst:
Bereits Mitte September 2017 habe ich Otterberg einen kurzen Besuch abgestattet. Der schöne Ort in der Pfalz war eine der Stationen beim 3. Bloggerwandern Rheinland-Pfalz. Von hier sind wir zu unserem Ausflug in die Mehlinger Heide aufgebrochen. Und hier habe ich Rebekka Rohe-Wachowski kennengelernt. Sie war unsere Wanderführerin und hat uns auch ein kurzes Stück über den Hinkelsteinweg geführt.
Ein paar Wochen später mache ich dann beim Eifelverein eine Ausbildung zur Zertifizierten DWV-Wanderführerin. Und einer meiner Ausbilder ist Jürgen Wachowski. Er ist Verbandswanderwart beim Deutschen Wanderverband, wohnt in Otterberg und ist… der Ehemann von Rebekka. Ein komischer Zufall, oder? Außerdem hat er den Hinkelsteinweg 2014 konzipiert, markiert und zum “Qualitätsweg Wanderbares Deutschland” zertifiziert. Bei einem Walk & Talk (Beitrag folgt) erzählen die beiden mir voller Begeisterung vom bald stattfindenden Hinkelstein-Wandermarathon… und schon war ich quasi angemeldet.
Wandern bei arktischen Temperaturen
Tja, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Angemeldet ist angemeldet. Der Termin rückt näher und ich mache noch “schnell” zwei Testwanderungen. Nach den 18 km auf dem Gillbachwanderweg kann ich mir nicht wirklich vorstellen, die gleiche Strecke (+ 6 km) nochmal zu wandern. Und auch bei dem 24 km langen Wandercache durch die Wupperberge bin ich froh, als das Ziel nach sieben Stunden endlich erreicht ist. Ihr seht also… ich bin top vorbereitet. Als dann auch noch der Winter zurück kommt und sich die Temperaturen auch tagsüber unter Null einpendeln, passt einfach alles (…nicht).
Gemeinsam mit Albert geht es am Samstag Mittag los. Wir fahren aus dem verschneiten Köln in Richtung Otterberg. Hier in der Pfalz liegt zwar kein Schnee, aber es ist bitterkalt. Habe ich eigentlich lange Unterhosen eingepackt? Natürlich nicht. Ist meine Wanderhose besonders dick? Auch nicht. Aber ich habe Schal, Handschuhe und Mütze dabei. Immerhin etwas.
Über Nacht fängt es dann an zu schneien und das Wintermärchen ist perfekt. Zum Glück wandere ich nicht alleine. Gemeinsam mit Claudia von aktiv-durch-das-leben.de nehme ich die 42 km Strecke in Angriff. Und das nicht nur unter arktischen Witterungsbedingungen, sondern auch noch “vorgeschädigt”. Claudia hat bereits vor dem Start Blasen und ich habe mir vor zwei Tagen den rechten Ringzeh so dermaßen an einer Treppe gestoßen, dass er grün, blau und lila ist. Autschi (Mitleid wird gerne via Kommentar entgegengenommen).
Hinkelstein-Wandermarathon – jetzt geht’s los
Etwas verspätet (es macht schon Sinn, beim Wecker den Weckton nicht auf lautlos zu stellen…) spaziere ich nach einem leckeren Frühstück zur Stadthalle Otterberg und hole meine Startunterlagen für den Hinkelstein-Wandermarathon ab. Kaum durch die Türe, werde ich auch schon von Rebekka und Jürgen wärmstens begrüßt und mit einer großen Flasche Wasser versorgt (meine Trinkblase liegt natürlich zu Hause). Auch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg Harald Westrich und Carola Ibrom vom Tourismusbüro Otterberg kenne ich noch vom Bloggerwandern. Wir geraten ins Plaudern und als dann Claudia und Anita ankommen, kann es losgehen (vielen Dank nochmal an Anita, fürs Ausleihen der Wanderstöcke… ratet mal, wo meine waren *g).
Als wir die Ortsgrenze von Otterberg erreichen, wandern wir durch den Wald in Richtung Mehlinger Heide. Die Kilometer fliegen nur so dahin. Das liegt natürlich zum einen an meiner wunderbaren Wanderbegleiterin, aber auch daran, dass die Wegstrecke gleich zu Beginn wegen Waldarbeiten gekürzt wurde. Noch ist es recht diesig, so dass wir die ersten Ausblicke gar nicht richtig genießen können. Die Kälte krabbelt uns in die Klamotten und der warme Tee, den es an der ersten Versorgungsstation gibt, tut gut. Ich trinke gleich zwei Becher, ehe wir weitergehen.
Wildschweine, ein Hinkelstein… fehlt nur noch, dass Obelix um die Ecke kommt
Gemütlich schlängelt sich der Weg mit leichten Steigungen weiter durch den Wald. Plötzlich bleibt vor uns eine Gruppe Wanderer stehen und zeigt aufgeregt auf die andere Seite des Grafenthaler Bachtals. Wir sind natürlich auch neugierig und als ich den Blicken der anderen folge, bleibt mir der Mund offen stehen. Eine Herde Wildschweine marschiert im Gänsemarsch den Hang entlang. Es sind bestimmt ein Duzend ausgewachsene Tiere, die dort gemütlich ihres Weges ziehen. Ich bin begeistert. In freier Wildbahn bin ich bisher noch keinem Wildschwein begegnet. Ach, herrlich. Bin ich froh, heute unterwegs zu sein.
Als Claudia und ich die zweite Verpflegungsstelle erreichen, gibt es wieder warmen Tee und außerdem einen dampfenden Glühwein. Da sage ich nicht nein und stecke mir außerdem noch einen Apfel, einen Müsliriegel und ein paar Kekse ein. Die Wasserflasche in einem Rucksack habe ich bisher noch nicht angerührt. Die Aussicht, halb gefrorenes Wasser zu trinken, ist bei dem Wetter nicht gerade einladend.
Unsere letzte Chance, auf die Halbmarathon-Strecke zu wechseln
An Station 2 (Drehenthalerhof-Ost) trennt sich der Wege von denjenigen, die den kompletten Hinkelstein-Wandermarathon wandern von denen, die sich für den Halbmarathon entschieden haben. Wir sind kurz versucht, einfach nach links auf die kürzere Strecke abzubiegen, folgen dann aber doch der Beschilderung für die 42 Kilometer den Kahlenberg hinauf.
Kurz vor der Verpflegungsstation Drei wandern wir aus dem Wald hinaus und erreichen die Anhöhe vor Potzbach. Die wunderbare Aussicht auf den Donnersberg treibt uns die Tränen in die Augen… oder ist es der eiskalte, schneidende Wind, der uns hier ungebremst entgegenweht? Meine Güte, ist das kalt!
Schnell wandern wir weiter, biegen links ab und erreichen in Potzbach die dritte Verpflegungsstation. Es gibt gefrorene Möhren (hihi) und wir wärmen uns kurz bei Tee und einem netten Gespräch auf. Meine Wasserflasche lasse ich hier. Es wird Zeit, Ballast abzuwerfen.
Wandern bei arktischen Bedingungen
Nach Potzbach kommt der härteste Teil des Tages. Wir wandern knapp zwei Kilometer über eine Anhöhe, auf der uns der eiskalte Wind ungeschützt entgegen bläst. Unwahrscheinlich. Es ist so kalt, das Claudia und ich die sogar die Gespräche einstellen.
Die traumhafte Aussicht können wir gar nicht richtig genießen, da wir unsere Schals ganz hochgezogen haben und den Blick zum Schutz vor dem Wind nach unten richten müssen. Als wir wieder den Waldrand erreichen, atmen wir auf. Tut das gut. Als wir die Igelborner Hütte erreichen, gibt es wieder eine kleine Stärkung und eine Toilette. Perfekt. Genau das, was wir jetzt brauchen.
Ach ja… ich brauche noch etwas. Das Akku meines Fotoapparates hat bei der Kälte den Geist aufgegeben (und das Ersatz-Akku konnte wegen Stromausfall in unserem Zimmer nicht wie geplant aufgeladen werden). Blöd. Zum Glück ist Albert da und bietet an, den Ersatzakku zur nächsten Station zu bringen. Perfekt! Bis zum Festplatz von Höringen, wo der nächste Stempel auf uns wartet, sind es auch nur vier Kilometer. Die kurze Strecke überwinden wir problemlos. Dort angekommen gibt es heißen Zitronentee (der übrigens auch mit einem Schuss Amaretto hervorragend schmeckt) und leicht angewärmtes Obst. Herrlich. Hier hätte ich noch länger verweilen können. Aber ein paar Meter weiter sehe ich Alberts Auto stehen und hole mir bei ihm schnell meinen frischen Kamera-Akku und einen Motivationskuss ab… weiter geht’s.
Endlich erreichen wir ihn – den Hinkelstein
Ein kurzer Blick auf die Stempelkarte sagt uns, dass sich die nächste Station am Hinkelstein befindet. Wir sind sehr gespannt und haben bis dahin eine Menge Spaß mit den vielen Grenzsteinen, an denen wir vorbei kommen. Jeder einzelne Grenzstein wird von uns als der wahre Hinkelstein bejubelt und unser lautes Gelächter schallt durch den Wald. Ob das schon das erste Stadium des Wandermarathon-Wahnsinns ist?
Tatsächlich erreichen wir nach gut 1,5 Stunden den wahren Hinkelstein und einen netten älteren Herren, der tapfer in der Kälte ausgeharrt und auf uns gewartet hat. Mittlerweile sind wir nämlich die Schlusslichter vom heutigen Hinkelstein-Wandermarathon… dabei finde ich uns mit vier Durchschnitts-km/h eigentlich ganz schön flott.
Auch hier stärken wir uns mit Tee, Nüssen und Käsestangen. Die Worte “Hier ist für euch der Hinkelstein-Wandermarathon vorbei, ihr werdet von Jürgen mit dem Wagen abgeholt” weisen wir vehement zurück. Die letzten acht Kilometer wandern wir jetzt auch noch – selbst wenn die nächste Kontrollstation schon um 17.30 Uhr (also vor unserem Eintreffen) dicht macht. Egal.
Wir lassen uns nicht stoppen
Die Pause am Hinkelstein hat richtig gut getan. Wir fühlen uns erstaunlich frisch und wandern frohen Mutes durch den Wald weiter. Ach ja… der mächtige Hinkelstein ist übrigens ein Dreimärkergestein, an dem die Grenzen der Gemeinden Otterberg, Höringen und Heiligenmoschel zusammen treffen. Der 891 in der Römerzeit erstmals urkundlich erwähnte Hinkelstein ist ca. 2,20 Meter hoch, 1,50 Meter breit und wird von zwei behauenen Grenzsteinen flankiert.
Weiter geht es durch den verschneiten Wald und wir wandern erstmal auf gut ausgebauten Wegen voran. Trotz dem kleinen Powerstop am Hinkelstein merken wir langsam die gewanderten Kilometer in den Knochen. Unsere Schritte sind nicht mehr ganz so ausladend und unsere Gespräche werden weniger. Als wir dann um 17:31 Uhr gerade noch die bereits im Auto verstaute letzte Verpflegungsstation erreichen, ist der Jubel groß! Wir bekommen unseren Stempel und auf geht es zur letzten Teilstrecke vom Hinkelstein-Wandermarathon.
Das Ziel vor Augen…
…meistern wir auch noch den letzten gemeinen Anstieg und wandern dann parallel zur L387 zurück nach Otterberg. Vor lauter Freude über das bevorstehende Ende unserer Wanderung verpassen wir eine Abzweigung und merken erst 700 m später, dass wir den Track verlassen haben. Mist. Also wieder zurück. Was soll’s, auf die paar Meter mehr kommt es jetzt auch nicht mehr an.
Kurz vorm Ziel erwartet uns ein fröhlich winkender Jürgen Wachowski. Er ist uns ein Stück entgegen gekommen und geht die letztem 500 Meter zur Stadthalle mit uns gemeinsam. Hier bekommen wir unsere Urkunden und ein kleines Präsent. Ausserdem gibt es köstlichen Nuss-Hefezopf und gemeinsam mit Jürgen, Rebekka, Anita (die trotz noch verheilendem Bänderriss den Halbmarathon gewandert ist – Glückwunsch!) und Carola Ibrom lassen wir die Tour nochmal Revue passieren. Nicht nur wir, auch das Orga-Team ist absolut begeistert von dem Tag. Wegen des herausfordernden Wetters haben zwar einige Teilnehmer abgesagt, aber denen die da waren, hat es super gefallen.
Fazit
Es war toll! Ein riesiges Dankeschön an Jürgen und sein ganzes Team aus ehrenamtlichen Helfern. Die Stimmung und die Betreuung vor Ort waren trotz des ungemütlichen Wetters spitze. Man hat richtig gemerkt, dass alle Beteiligten mit Spaß und mit Begeisterung bei der Sache waren. Neben warmen Getränken und Kraftnahrung gab es überall aufmunternde Worte und viel zu Lachen. Die Strecke war abwechslungsreich und die Aussicht phänomenal. Ich muss auf jeden Fall nochmal im Sommer wiederkommen, wenn ich diese auch richtig genießen kann.
Auch Lust bekommen, die Strecke zu wandern? Dann macht doch einfach beim nächsten Hinkelstein-Wandermarathon mit. Ihr könnt euch aber auch hier den Marathon-Track runterladen oder den Hinkelsteinweg wandern.
Wie Claudia unseren Tag erlebt hat, könnt ihr natürlich auch nachlesen. Auf ihrem und Anitas Blog aktiv-durch-das-leben.de.
Für die Statistik
42 km
Höhenmeter: 937 m (nur Anstieg)
ca. 9 Stunden 38 Minuten in Bewegung
48 Minuten Pause
4,4 km/h reine Gehzeit
4,0 km/h inkl. Pause
Wo man mich noch findet:
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