Heute ist der zweite Tag meines Weihnachts-Wander-Wochenendes auf dem Natursteig Sieg (Infos). Und tatsächlich scheint das Wetter heute zu halten, was die Vorhersage verspricht… Regen liegt in der Luft. Als ich am Morgen das Hotel Germania Wissen verlasse, ist zwar noch alles trocken, aber es ist trüb und ungemütlich. Und das, wo ich heute die mit gut 25 Kilometern längste Etappe des Natursteig Sieg vor mir habe.
Ich spule dann mal 4,5 Kilometer vom Natursteig Sieg vor
Nach einem zweiten Blick in den Himmel entscheide ich mich dazu, den heutigen Zuweg zum Hauptweg zu überspringen. Schließlich bin ich ihn gestern schonmal gegangen und soooo doll war er nun auch nicht. Ich lasse mir ein Taxi rufen und bin kurz danach am Startpunkt von Etappe zehn. Wandern “Light” – allerdings hält mein schlechtes Gewissen nicht wirklich lange an. Kurz genieße ich den tollen Ausblick und wandere los.
Eine Elfe am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen
Gemütlich schlängelt sich der Weg durch einen noch recht jungen Mischwald. Die frische Luft tut gut, so richtig wach bin ich nämlich noch nicht. Und dann, nach zwei/drei Biegungen, komme ich mir tatsächlich vor wie im Traum. Vor mir steht ein Pferd, das von einem jungen Mädchen in hauchzartem, durchscheinendem Sommerkleid an den Zügeln geführt wird. Ähhmmm? Was ist hier los? Wer kann mich mal gerade kneifen? Dann höre ich das Klicken eines Fotoapparats. Ach so – hier wird geshootet. Der Natursteig Sieg als Fotokulisse. Hihi – ich beschleunige meine Schritte und sehe zu, dass ich aus dem Bild komme.
Als ich schließlich den Wald verlasse, erreiche ich eine Straße und habe einen wunderschönem Blick auf Birken-Honigessen. Ich folge der Straße nach links und wandere am Hof Hagedorn vorbei. Das dem Hof angeschlossene Café mit Spielplatz und Wildgehege ist sicherlich eine schöne Einkehr… aber nicht heute. Im Dezember ist hier alles geschlossen.
Der Natursteig Sieg führt mich runter ins Wissbachtal
Kurz nach dem Hof biegt der Natursteig Sieg scharf nach rechts ab und es geht runter ins Wisserbachtal. Erst folge ich einer asphaltierten Straße und dann geht es nach links auf einen frisch gemachten Kiesweg. Das kurze Wegstück scheint ganz neu angelegt zu sein. Es wirkt noch ein bisschen künstlich und ich fühle mich wie auf einer Skipiste ohne Schnee. Wie lange es wohl dauert, bis dieses Stück genauso natürlich aussieht, wie die restliche Strecke? An solchen Stücken merkt man, wie aufwändig es ist, einen solchen Wanderweg zu konzipieren, anzulegen und zu warten.
Am Wisserbach angekommen, folgt der Natursteig Sieg dem Bachverlauf. Es geht über eine Kuhweide, die allerdings heute nicht “bewohnt” ist. Ich mag ja solche “Abenteuerpassagen” und erinnere mich an ein Erlebnis während einer Wanderung in Ostbelgien. Dort musste ich einmal eine überfüllte Kuhweide überqueren. Mit viel Respekt bin ich damals mit dem Herz in der Hose und angehaltenem Atem über die Weide gegangen. Die Kühe dagegen haben keinerlei Interesse an mir gezeigt und mich total ignoriert… Aber ich schweife ab.
Tatsächlich begegne ich einigen anderen “Winterwanderern”
Nachdem ich die Weide überquert habe, wandere ich über eine Brücke und verlasse das Tal über einen breiten Wiesenweg. Mitten auf dem Weg sitzt ein junges Pärchen und macht Pause. Hmmm… ich persönlich wäre ja bis zur nächsten Bank weiter gegangen, aber die zwei haben schon Recht. Der Blick von hier ist wirklich schön. Und ehrlich gesagt würde ich mich – mittlerweile wieder ganz schön außer Atem – am liebsten neben die beiden plumpsen lassen. Aber selbstverständlich mache ich das nicht. Stattdessen lächele und grüße ich freundlich und tue so, als wäre dieser Anstieg für mich gar kein Problem.
Blind (weil meine Brille total beschlagen ist) aber zufrieden komme ich oben an und direkt führt der Natursteig Sieg wieder abwärts. Ich erreiche eine kleine Schutzhütte. Hier mündet der Streckelbach in den Lauterbach. Wirklich einladend ist die Hütte nicht, so direkt neben der Straße. Hätte ich aber gewußt, dass es direkt nach der Straßenquerung wieder knackig bergauf geht, hätte ich die Hütte für eine ausgiebige Stärkung genutzt. Solltet ihr diese Etappe selbst einmal Wandern, denkt an meine Worte und ruht euch hier nochmal ein paar Minuten aus.
Ein bisschen klettern kann nicht schaden. Oder?
Der Anstieg ist ziemlich steil aber zum Glück nicht ganz so lang. Kaum bin ich oben angekommen, gucke ich nicht schlecht. Das Forstamt scheint hier fleissig gewesen zu sein und einige große Bäume versperren mir den Weg. An ein Ausweichen ist nicht zu denken, vielmehr mache ich mich daran, über die Bäume zu balancieren. Gut, dass ich meinen Regenschirm dabei habe. Der gibt mir etwas Sicherheit und ich erreiche problemlos wieder festen Boden.
Nach der Kletterpartie komme ich an eine große Wiese. Hach, wie schön. Hier wäre eine Liegebank toll. An einen Hochsitz gelehnt mach ich eine kurze Pause, futtere mein Brötchen und genieße die Ruhe. Wenn jetzt noch die Sonne scheinen würde… das wäre schön. Vielmehr zieht es immer weiter zu. So ein Mist – ich gehe wohl besser weiter. In einem großen Bogen wandere ich über die Wiese. Rechts habe ich einen schönen Blick auf Oberbach, welches ich nach einem kleinen aber feinen Umweg durch ein Waldstück erreiche. Und dann geht es auch schon los. Die ersten Regentropfen fallen in die Fischteiche am Wegrand. Na super – nicht!
Der Himmel hat seine Pforten geöffnet – und macht sie auch nicht wieder zu
Nach Oberbach schlängelt sich der Natursteig Sieg wieder bergauf und ich ärgere mich wirklich sehr über das Wetter. Am Ende dieses Anstiegs über Wiesen und Felder gibt es nämlich eine Bank. Sie sieht gemütlich aus und der Blick von hier ist einfach herrlich. Vielmehr wäre er dass, wenn es heute nicht Bindfäden regnen würde. Zum Pausieren lädt das wirklich nicht ein. Ich gehe also weiter und erreiche den Ortsrand von Birken.
Hier wandere ich durch ein Neubaugebiet und biege dann links in einen Trampelpfad ab. Nach einer Rechtskurve geht es ganz gemütlich und schnurgerade durch ein Waldstück. Der Weg ist leicht abschüssig und ich komme gut voran. Aber ich das Stück nicht wirklich genießen, weil ich mit dem Regenschirm rumhantiere, der als Wanderbegleiter doch ziemlich nervig ist.
Nach einiger Zeit entscheide ich mich dafür, den Regenschirm zu schließen. So stark regnet es nicht mehr und ich bin ja schließlich nicht aus Zucker. Außerdem brauche ich den Schirm zum Prüfen meines nächsten Hindernis. Bevor ich nämlich eine Straße erreiche und ihr ein kleines Stück folge, muss ich einen leicht aus der Form geratenen Bach überqueren. Das scheint an diesem Wochenende zur Gewohnheit zu werden.
Spannend, was der Natursteig Sieg heute alles für Überraschungen bereit hält
Gut erholt nach dem gemütlichen Wegstück folgt nach ein paar Metern Straße schon der nächsten Aufstieg. Diese Etappe ist wirklich ein stetiges Auf und Ab. Und es bleibt weiter abenteuerlich. Nach dem Anstieg tarnt sich der Weg erst mal harmlos mit herrlichen Wiesen und einer von Bäumen vor Regen geschützten Bank… doch kaum habe ich die Wiese überquert, versinken meine Schuhe einige Zentimeter tief im Schlamm… WTF?
Der ganze Weg ist durch Waldmaschinen und Regen aufgeweicht – na toll. Ich gucke, dass ich am Rand gehe und komme nur langsam vorbei. Doch dann muss ich ganz stehen bleiben. Die Äste von abgeholzten Bäumen bedecken den Boden, was das Weitergehen nochmal erschwert. Außerdem scheinen auch einige Wegmarkierungen abhanden gekommen zu sein – zumindest ist der Weg nicht zu erkennen. Ach doch, dahinten ist ein Natursteig Sieg Zeichen. Und da unten. Aber… wie komme ich da hin?
Langsam und vorsichtig arbeite ich mich vor. Über die Äste zu gehen ist kippelig und ich befürchte, mit dem Fuß hängen zu bleiben und umzuknicken. Außerdem muss ich, um auf den Weg zu kommen, einen kleinen Abhang runter. Aber es geht. Auf den Schirm gestützt überwinde ich auch dieses ungeplante Hindernis. Puah.
Ein letzter Anstieg steht mir noch bevor
Unten im Tal führt der Track des Natursteig Sieg neben der Straße über eine Wiesenböschung an einem kleinen Bach entlang. Plötzlich stutze ich. “Privatgrundstück – Betreten auf eigene Gefahr”. Gleich mehrere Schilder warnen vor dem Weitergehen. Echt jetzt? Why… sieht doch ganz sicher aus, oder? Ich gehe einfach weiter.
Natürlich lässt sich das Stück ganz problemlos gehen und ich erreiche die Häuser im Mühlental. Der Weg führt zwischen den wenigen Häusern hindurch und auf den letzen Anstieg dieser Etappe zu.
Mystisch liegt der Nebel über dem Siegtal
Es geht noch ein letztes Mal aufwärts. Lange… und unangenehm. Und leider fehlt mir die Belohnung… bei dem diesigen Wetter ist die Aussicht doch eher beschränkt. Oder doch nicht? Irgendwie gibt dieses Wetter dem Umgebung einen richtig mystischen Anstrich. Findet ihr nicht auch?
Durch den Wald wandere ich abwärts. Der Pfad ist herrlich. Klein und versteckt unter Laub. Außerdem wir der Regen hier fast komplett von den Bäumen zurückgehalten. Trotzdem freue ich mich, dass die Tour bald vorbei ist. Die Etappe von Gestern steckt mir doch noch mehr in den Knochen, als ich es gedacht hätte. Und das Wetter ist einfach zu ungemütlich, um die Tour richtig genießen zu können.
An der Sieg entlang gehe ich Wissen entgegen. Und als ich zum Schluß auf einer stark befahrene Autobrücke den Fluß überquere, entfährt mir ein leises “Endlich! Ich mag nicht mehr”. Im Restaurant vom Hotel Germania Wissen streife ich die nasse Jacke ab und genehmige mir einen heißen Kakao mit dick belegter Waffel. Das ist köstlich und belebt meine Lebensgeister wieder. Trotz des sch… Wetters war es doch ein schöner Tag.
Fazit
Tatsächlich merke ich gerade erst beim Schreiben, wie schön und abwechslungsreich die Tour wirklich war. Vor Ort war ich einfach nur noch naß, meine Brille war beschlagen und ich habe mich gefreut, als es endlich über die Sieg zurück nach Wissen und zu meinem Auto ging. Bei schönem Frühlings- oder Sommerwetter ist die Etappe aber ein Highlight. Es gibt viele schöne Pausenplätze und das ständige Auf und Ab hält einen auf Trab. Sicher einen Weg, den ich nochmal gehen werde. Die gut 25 km sind sicherlich eine Herausforderung – aber glaubt mir, ihr könnt den Zugweg ruhig weglassen und die 4 km mit dem Taxi fahren.
Wer sich ebenfalls auf den Weg machen möchte, findet den Track zum Download auf der Natursteig Sieg Seite. Lust auf paar Geocaches. Dann schaut euch doch diese hier mal an: GC5PGRX, GC3GGR6, GC2H4C4, GC536JR und GC536JD.
Für die Statistik
21,7 km
5 Stunden 39 Minuten in Bewegung
31 Minuten Pause
3,8 km/h reine Gehzeit
3,5 km/h inkl. Pause
Wo man mich noch findet:
0 Kommentare zu “Natursteig Sieg – Etappe 10 Schleife um Wissen”